Romeo und Julia hinter Gittern

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“Das wird nicht einfach,” wurde ich schon im Vorfeld dieses Workshops gewarnt. Jugendliche Straftäter, das sind Rebellen, destruktive Rowdies, die null Konzentration haben und respektlos sind – so die gängigen Klischees. Also zog ich emotional schon mal eine “Schutzweste” an und bereitete mich auf das Schlimmste vor.

Am 25. und 26.1.2020 haben meine Kollegin Mareike Schneider und ich einen Theater-Workshop mit jungen Männern in der Jugendstrafanstalt Schifferstadt geleitet. Und als ich dann vor den zwölf jungen Männern saß, wusste ich gar nicht was ich sagen sollte – denn alles war anders als es von den “düsteren” Stimmen herauf beschworen wurde. Von Anfang an war die Stimmung so gut, so entspannt und motiviert – nicht zuletzt weil wir tatkräftig von zwei Angestellten der JSA unterstützt wurden.

Wir bewegten uns viel, spielten Auszüge aus Romeo und Julia und ließen die Männer eigene Szenen entwickeln. Was für eine bereichernde Erfahrung. Gerne kommen wir wieder, es hat richtig Spaß gemacht mit den Insassen gemeinsam kreativ zu arbeiten. Und es war wieder der beste Beweis: Theater belebt und gibt uns die Möglichkeit, das zu sein, was wir alle sind: Menschen.

BENVOLIO: He, guten Morgen!

ROMEO: Ist der Tag so jung?

B: Grad neun.

R: Traurige Stunden sind so lang.

R: Ich hab nichts, was sie kürzte.

B: Liebe?

R: Keine –

B: Keine Liebe?

R: Nein. Keine Gegenliebe, wo ich liebe.

B: Dass Amor auch so liebenswürdig wirkt, womit er blanke Tyrannei verbirgt.

R: Ist Liebe das, was ich jetzt fühl´? Dann fühlt mein Lieben Hass. – Was lachst du nicht?

B: Das Weinen ist mir näher.

R: Warum?

B: Weil dich dein Herz so bedrückt.

R: Tja, Liebe macht uns liebend gern verrückt.

Aus: “Romeo und Julia”, William Shakespeare